Der Ort des Strafvollstreckungs im System des Strafrechts kann anhand der sogennanten Drei-Säulen-Theorie der Justiz verdeutlicht werden. Nach dieser Auffassung droht das Gesetz die Strafe an, spricht der Richter sie aus und vollzieht sie die Verwaltung. Die erste Säule liegt danach beim Gesetzgeber und dem materiellen Strafrecht, die zweite beim Strafrichter und dem Strafverfahrensrecht und die dritte beim Strafvollzug. Androhung, Verhängung und Vollzug der Kriminalsanktionen sind auf verschiedene Instanzen verteilt. Dementsprechend kommt den erwähnten Säulen im Gesamtsystem des Strafrechts auch eine jeweils verschiedene Aufgabe zu. Die Verwirklichung der Strafe wird danach als ein selbständiger Akt der Strafrechtspflege begriffen.
Aber die sachliche Bedeutung des Strafvollstreckungs wurde lange Zeit zum Schaden der Betroffenen verkannt, der Strafvollzug vielmehr nur als eine Art prozessuales Anhängsel eines rechtkräftig gewordenen Strafurteils angesehen, was sicherlich mit zu seiner Vernachlässigung beigetragen hat. Solche Tendenz wird im Vergleich zum Ermittlungsverfahren verdeutlicht. Das Ermittlungsverfahren wurde inzwischen vielseitig vergesetzlicht, und damit wurde die Voraussetzung für gegenseitige Kontrolle siener Teilnehmer geschafft. Besonders der Richter kann an dem Ermittlungsverfahren ex ante aktiv teilnehmen und sie ex post kontrollieren, obwohl die Herrin des Verfahrens die Staatsanwaltschaft ist. Nun braucht man solche richterliche Kontrollmechanismen auch bei der Strafvollstreckung ihre Grundlage finden zu lassen.
Bisher war es üblich, daß der Strafrichter sich in aller Regel nicht um den Strafvollzug kümmert. Den koreanischen Vollzugsbehörden ist es kaum vorstellbar, daß ihre Geschäfte mit dem Richter zu tun haben. Durch gesetzgeberischen Veränderung des Systems sollte diese Diskrepanz überwunden werden. Vor allem sollte die bedingte Entlassung in richterliche Zuständigkeit fallen, und den Gefangenen der rechtstaatliche Schutz garantiert werden. Außerdem ist ein spezielles, vollzugsnahes Gericht notwendig, um den Weg richterlicher Mitwirkung auf den Strafvollzug zu bahnen. Die deutsche Strafvoll- streckungskammer ist als Vorbild für solche Reform in nähere Erwägung zu ziehen. Das koreanischen Strafverfahrensgesetz steht mittlerweile 50 Jahre in Anwendung. Es ist Zeit für grundsätzliche Überlegung über eine Reform der Sanktionspraxis in Korea.