In der vorliegenden Arbeit wird der Versuch unternommen, die narrative Funktion der Brust als Metapher in Bezug auf den Mythos der Mutterschaft zu betrachten. Wahrend die Gebarmutter mit der Empfangnis und Geburt des neuen Lebens verbunden ist, ist die Brust ein grundlegender Teil des Korpers, der das Leben erhalt. Wichtig ist, dass neben der Gebarmutter die weibliche Brust als ein primarer gender-performativer Ort zu betrachten ist. Daher wird der Schwerpunkt dieser Studie insbesondere auf die konstruktive Rolle der Brust und die Dekonstruktion der Weiblichkeit in der Literatur gelegt. In Zusammenhang mit Narrativen der Brust als Inbegriff erotischer und fursorglich-mutterlicher Liebe werden vier Werke analysiert: H. von Kleists Penthesilea (1808), G. Grass` Der Butt (1977), M. Devis Stanadayini (1977) und Cheon Woon-Youngs Die dritte Brust (2004). Diese Werke prasentieren deutlich, in welchem Kontext und in welcher Weise Mythisierung und Entmythisierung des Mythos der Mutterschaft, welcher der Frau die Funktion der Empfangnis und Fortpflanzung zuweist, interpretiert werden mussen. Von der Antike bis heute ist die biologisch orientierte Vorstellung von der Frau als Naturwesen immer auf zwei Aspekten zuruckzufuhren: einerseits die negative Vorstellung eines bedrohlichen, mannerverschlingenen Naturwesen, andererseits die idealisierte Vorstellung der Frauen als harmonisches, unentfremdetes Naturwesen. So erscheint die Brust auch unter einem doppelten Vorzeichen: sowohl als Verherrlichung oder Betonung der weiblichen Brust als Mutter-Symbol als auch als Denunzierung eines gefarlichen und zerstorerischen Wesens wie der ``vagina dentata`` als eine andere Form des Mutterkomplexes. In diesem Sinne ist die Brust als Metapher fur die Auseinandersetzung mit Konzepten von Mutterschaft und Weiblichkeit anzusehen.