Als Volker Braun 1968 seinen proletarischen Hans Faust in Weimar auf die Bu¨hne brachte, wurde zwar das Stu¨ck wohlwollend aufgenommen und die Kritik war aufmunternd, dennoch zog er sein Stu¨ck zuru¨ck. Denn man meinte, Braun babe die Etappen der Entwicklung Fausts mit den verschiedenen Stadien der Entwicklung der DDR verbunden. Eine Umarbeitung unter dem neuen Titel Hinze und Kunze wurde 197ß in Karl-Marx-Stadt aufgefu¨hrt. Das Modell von Hinze ist Adolf Henneck, der 1948 den Teufelskreis zwischen `mehr essen und dann arbeiten..` und `zuerst arbeiten und dann besser essen` gebrochen hat. Hinze und Kunze ist weder Chronik der DDR noch Gegenentwurf von Faust. Das Stu¨ck steht zwischen den beiden Typen. Aber durch den Kontrast mit Faust kann man besser die A¨sthetik des Werkes verstehen. In dieser Arbeit wurde das Stu¨ck mit Goethes Faust kontrastiert, um die Problematik im Werk herauszufinden: Der Pakt zwischen dem Arbeiter Hinze und Parteifunktiona¨r Kunze, die Marlies-Trago¨die, die Gretchenfrage, die Existenzkrise von Hinze und Kunze. Der Pakt zwischen Hinze und Kunze steht fair das Bu¨ndnis zwischen Arbeitern und Partei, was ihm im Vergleich mit der Wette in Goethes Faust eine vollig neue Qualita¨t gibt. Marlies Schicksal ist nicht weniger tragisch wie das von Gretchen, wenn man die historische Differenz nicht u¨bersieht. Die Gretchenfrage zielt auf den Hauptwiderspruch der sozialistischen Demokratie, wie das Verha¨ltnis zwischen Fuhrenden und Gefu¨hrten demokratisiert organisiert werden kann. In Hans Faust stirbt Hans wie bei Goethe im Vorgefu¨hl des ho¨chsten Augenblicks. Aber Hinze ist nicht mehr Hans Faust, der klassische Mythos wird nicht mehr no¨tig, um die sozialistische Wirklichkeit zu gestalten. Hinze, der bisher Gefu¨hrte. nimmt sein Leben in die Hund. Dadurch werden die Zweifel aufgehoben. Volker Braun realisiert mit diesem Stu¨ck seine Dramaturgie, die den Widerspruch zwischen den politisch Fu¨hrenden und Gefu¨hrten konkretisiert. Dadurch will Volker Braun den Sozialismus nicht kritisieren. sondern seine Problematik darstellen. Seine Frage ist es, wie kann das Verha¨ltnis zwischen Fu¨hrenden und Gefu¨hrten demokratisiert werden. Sie steht dem Publikum ganz offen.