Aus aufkla¨rerischer Sicht ist das Kindnoch ein unreifes Wesen, das sich geistig und moralisch weiter entwickeln soll. Dieser vernunftzentrierte Gedanke wird von Nietzsche grundsa¨tzlich erschu¨ttert, indem er ein spielendes Kind als Idealbild vorfu¨hrt. Dabei beruft er sich auf den Vorsokratiker Heraklit, in dessen Fragment B 52 das go¨ttliche Kind Aion als Weltzeit und zugleich als brettspielendes Kind erscheint. Dieses Aion-Bild nimmt auch Botho Strauß in seinen Roman "Der junge Mann" auf. In diesem Roman reflektiert der Autor u¨ber das Zeitproblem. Einerseits kann er angesichts der modernen Physik den unumkehrbaren Zeitpfeil nicht leugnen. Andererseits sieht er in dieser linearen Zeit oberfla¨chliche Verwundlungen des Wesentlichen und U¨berzeitlichen. Das heisst, das Allgemeine und das U¨berhistorische wiederholt sich in verwundelter Form, so dass die zyklische Zeit als tiefe Zeitebene eine hierarchische u¨bergeordnete Stellung gegenu¨ber der linearen Zeit als oberfla¨chlicher Zeitebene einnimmt. Aion als spielendes Kind symbolisiert bei Botho Strauß einerseits dieses Verwundlungsspiel und undererseits als a¨on die Ewigkeit im Augenblick, der nach dem zyklischen Zeitkonzept Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in sich entha¨lt. Auf der Erza¨hlebene wird eine Erza¨hlform gefordert, die sich der Entwicklung der modernen Gesellschaft anpasst. Wenn niemund heutzutage einem underen Menschen zuho¨rt und eine Geschichte in einem Zusammenhang erza¨hlen kann, muss man eine neue Erza¨hlform entwickeln, in der geschichtete Augenblicke statt einer großen Geschichte erza¨hlt werden. Die lineare Geschichte kann nur auf der oberfla¨chlichen Ebene erza¨hlt werden. Deshalb nimmt Der junge Mann hier eine allegorische Erza¨hlform an, die eine lineare zeitliche Entwicklung unterbricht und aus dem Alltagsrythmus ausbrechend ein mythisches Erlebnis ermo¨glicht.