Obwohl die Hauptmann-Rezeption in Korea bereits auf mehr als acht Jahrzehnte zuriickblicken kann, gibt es bisher keinerlei Studien zur Geschichte ihrer Rezeption dort selbst. Die hier vorzunehmende konkrete Situationsbeschreibung der Hauptmann-Rezeption in Korea will vor allem auch einen Beitrag zur vergleichenden Einschatzung der intemationalen Bedeutung des Hauptmannschen Dramas leisten. In der vorliegenden Arbeit wurde versucht, auf der Basis der Ubersetzungen der Werke Hauptmanns sowie der in Korea erschienenen Aufsatze zu Hauptmann und seinem Werk Aufschlul3 iiber die Rezeptionsgeschichte zu gewinnen und einige Probleme im Zusammenhang mit kulturellen und zeitgeschichtlichen Entwicklungen aufiugreifen. Die naturalistischen Werke wurden in Anbetracht ihrer sozialkritischen Zuge als geeignete Ausdrucks- und Kampagnemittel fir die Aufltlaung der Bevolkerung wie auch fir die auf nationale Unabhingigkeit gerichtete Bewegung empfunden. Die Annaherung an das naturalistische Drama war vor allem auch cturch die besonderen Notwendigkeiten gepriigt., die sich aus dem Ziel ergaben, eine Verbesserung der Lage durch die Betieiung von der japanischen Besatzung auch mit den Mitteln der Kunst zu erreichen. Ein anderer Gmnd dafk, dal3 die jungen koreanischen Studierenden sich so eifrig dem naturalistischen Drama Hauptmanns und lbsens zugewandt hatten, liegt darin, dak3 sie sich mit den Mitteln des naturalistischen Dramas an dem Kampf gegen die uberkommene Gesellschafisordnung und Moral beteiligen konnten, die die jungen Intellektuellen als Hindemis fir die Emeuerung und Weiterentwicklungen der esellschafi empfanden. Die Rezeption der Hauptmann-Literatur erreichte in Korea in den 60er Jahren eine neue Richtung und Qualitat. Im allgemein waren jedoch die Theaterschaffenden infolge der politischen Situation nicht in der Lage, eine den politisch-ideologischen Notwendigkeiten der Gegenwart entsprechendes Theater zu schaffen. Dementsprechend fanden die im Traum- und Marchenstile gehaltenen ebenso wie die symbolischen Werke Hauptmanns wie Die versunkene Glocke und Hmeles Hihelfh eher Resonanz beim koreanischen Publikum als die naturalistischen. Die verstirkte Rezeption der naturalistischen Werke Hauptmanns in den 80er Jahren verlief parallel zur von einem starken Drang nach Beschafiigung mit brennenden aktuellen Problemen inspirierten Politisierung des koreanischen Theaters, obwohl Hauptmann vomehmlich von Amateurtheatergruppe auf die Biihne gebracht wurde.