Heiner Mullers Germanic 3. Gespenster am Toten Mann (1996) and Wolfgang Hlbigs Alte Abdeckerei (1991) z~hlen zu der sogenannten Wendeliteratur, innerhalb der sie eine Art Untergruppe bilden. Die beiden Texte bringen die deutsche Diktaturen im zwanzigsten Jahrhundert. Nationalsozialismus and DDR-Sozialismus, in engen Zusammenhang. In Hilbigs Alte Abdeckerei erinnert sich das erzahlende `Ich`, wie es seit semen Jugendjahren in einem ratselhaften Gebiet umherwanderte. In der verkommenen Industrielandschaft verbirgt sich Germanic II. eW a Schmierseifen-Fabrik. $quot;Die Alte Abdeckerei, in der Tierkadaver entsorgt werden, entpuppt sick als Zentralmetapher fur alle Massenentsorgungsanstalten von Toten in den totalitaren Diktaturen dieses Jahrhunderts`. Germania II ist $quot;das namenlose, stinkende Grab der Opfer von Auschwitz` (Emmerich) and zugleich stellvertretend fur die $quot;Massengraber der Diktatur des Proletariats` (83). Spater bekennt der Ich-Erzahler, daB er selbst zu den $quot;lichtscheueri` Mitarbeitern dieser verbrecherischen Fabrik gehorte: $quot;Ich war einer der Manner von Germania II.` Mullers Germania 3 basiert auf einer noch konkreteren These der Wechselwirkung der beiden Ideologien des zwanzigsten Jahrhunderts. In seinem posthumen Stuck hinterfragt er die verlorene Revolution. Thalmans Frage in der ersten Szene durchzieht das game Stuck: $quot;Was haben wir falsch gemacht (8). Die Antwort ist allerdings nicht besonders neu. Bereits Ernst Nolte hat eine ahnliche These entwickelt, die im Historikerstreit heftig dedattiert wurde. er vermeinte einen $quot;Wechsel der Merkmale` zwischen Nationalsozialismus and Bolschewismus and $quot;den paradoxen Sieg der Sowjetuniori` zu sehen. In seinem viel diskutierten Buch Der europaische Btlrgerkrieg 1917 1945 vertritt Nolte die These, dal3 sich sowohl im Regime der UdSSR als such in dem des Dritten Reichs $quot;Entwicklungen and Tendenzen beobachten (liel~en), die auf eine innere Annahrung an den Feind zielten.$quot; Der Dichter verkehrt nun Noltes $quot;kausaten Nexus$quot; spiegelbildlich and konkretisiert gar den Merkmalswechsel im realm Ort Stalingrad, indem er Noltes These durch die Kesselschlachtthese Bern Bdhmels ersetzt. Dieser erklart, so fal3t Muller zusammen, $quot;da13 die Ubernahme der konterrevolutionaren deutschen Strategie der Kesselschlacht durch die Rote Armee das Ende des sowjetischen Zeitalters eingeleitet and die Staatengebilde des Ostblocks zu gefrorenen Kesseln gemacht habe, mit Abgrenzung nach aul3en and Kolonisierung der Binnenstruktur, bewohnt von gefangenen Befreiten.$quot; In der Szene Siegfried eine Jiidin aus Polen resiimiert Muller die Stalingradschlacht in einem langen Zitat aus Hebbels Nibeltrngen and zeigt auf, wie der deutsche Kommunismus vom Stalinismus abhangig and dadurch $quot;pervertiert` wurde. Durch die Ermordung von R.osa Luxemburg babe Stalin einen kontroversen Dialogpartner verloren. Dies babe die sowjetische kommunistische Partei veranlal3t, eine diktatorische and biirokratische Parteistruktur zu entwickeln. Daf3 der deutsche Sozialismus keine andere Alternative sah, als sick der KPdSU anzuschliel3en, babe die DDR schlie131ich damn hindert. sine demokratische Gesellschaftsstruktur einzufiihren. Die unrnittelbare Verknupfung der beiden Diktaturen in Germanic 3 and Alte Abdeckerei wurzeln in einer Wahrnehmungsweise, die rich innerhalb des Unterdruckungsmechanismus den Blickpunkt der Tater aneignet. Sowohl die Aul3erungen von Hilbig als such die von Muller betonen die Eigenart der kunstlichen Wahrnehmung: $quot;Das Einverstandnis mit dem Schrecken. mit dem Terror gehdrt zur Beschreibung.$quot; (Miiller) Kunst habe and brauche $quot;eine blutige Wurzel$quot;. Muller unternimmt es daruber hinaus, die Geschichte des Kalten Krieges als Tragodie zu fassen. Wie Nolte wiederum, der den `~ideologischen Biirgerkrieg` nicht als Lehrstiick (in dem die Unterscheidung von Gut and Bose zwar `verzogert , grundsatzlich aber als gegeben vorausge