Diese Abhandlung setzt sich die Aufgabe, die poetologisch-theoretischen Grundlagen der sogenannten kokreten Poesie beterachtlich ihrer Entsteungsprozedur in Bezug auf den historisch-theoretischen Hintergrund der vergangenen modernen Literaturtheorien, der Erklarung des Begriffsinhalts des Epithetons, `konkret`, der Sprache als eines ausschlieBlich genugsamen Materials fur die Dichung, and des dichterischen SprachbewuBtseins, der spezifischen Stilmittel der konkreten Poesie, kritisch zu erhellen. Die wichtigsten Ergebnisse dieser Abhandlung Bind: Die wichtigsten poetologischen Theorien der konkreten Poesie riihren nicht allein von den konkreten Poeten her, sondern sie liegen in den Theorien der sogenannten literarischen Revolution in den Jahren 1930 herum keimhaft enthalten. Konkrete Poeten haben die literarischen Theorien jenes Jahrzehnts weitergefuhrt, radikalisiert and die theoretischen MBglichkeiten in Dichtungen praktiziert. Das Epitheton, `konkret`, bezogen auf die konkretete Poesie, bedeutet: Dichtung von Sprache her, and bezogen auf das SprachbewuBtsein der zonkreten Poeten: die Sprache, wie sie ist. Das SprachbewuBtsein der konkreten Poeten tendiert danach, die Sprache nicht als das Vehikel des Begriffs, sondern als eine Erschinung an sich, d.h. materiell aufzufassen. Die Erscheinungsformen der Sprache weisen bekanntlich zwei Seiten auf: eine sinnliche and eine gedanklich-begi~che. Herbert Seidler nennt die erstere den Sprachleib and die letztere den Sprachinhalt. Bei konkreten Poeten spielt der Sprachleib eine schwerwiegendere Rolle als der Sprachinhalt. Der Sprachleib, die sinnliche Tirscheinungsform der ~prache, zerfallt bei konkreten Poeten wieder in zwei Horizonte: den akustischen and den visuellen. Die wichtigsten stilistischen Mittel der konkreten Poeten basiert auf der sinnlichen Seite der Sprache. Trotz der zahlreichen, teilweise gelungenen, stilistischen Mittel, die durch unermudliche Bemuhungen der konkreten Poeten zustande gekommen sind, weist die poetologisch theoretische Grundlage der konkreten Poesie darin ihre Schwache auf, daB sie die Ersclaeinungform der Sprache dualistisch auffaBt. Die Sprache ist keine dualistische, sondern eine monistische Erscheinung mit zwei Phanomenen: ein sinnliches and ein begrifl3iches, die sich wiederum unzertrennlich verbunden Bind. Die kleinste sinnliche Erscheinungseinheit der Sprche, Phonem, icann unabhangig der kleinsten begrifliichen Erscheinungseinheit der Sprache, Monem, nicht existieren.